

Ein Platz am Mittelfinger
Ein eiförmiges Strichmännchen blickt mich mit Angela-Merkel-Mundwinkeln an — und streckt mir seinen gereckten Mittelfinger entgegen. Darunter steht die Überschrift: „Starrköpfe überzeugen — Psychotricks für den Umgang mit Verschwörungstheoretikern, Fundamentalisten, Partnern und Ihrem Chef.“ Ich bin leicht verwirrt: Was genau wollen die Damen und Herren vom Rowohlt-Verlag mir damit sagen? Haben die in meinem Privatleben geschnüffelt?
Ich halte den Vorschaukatalog „Sachbuch 2013″ in der Hand; ihn habe ich vorgestern aus meinem Briefkasten gezogen. Kein Anschreiben ist in dem Umschlag beigelegt, allein ein Zettel steckt in Seite 22, von der mich jener mittelfingerreckende Starrkopf anglotzt. Ich überfliege das handbeschriebene Stück Papier: „Lieber Herr Stäbler, anbei unsere druckfrische Vorschau für Sie mit Ihrem Buch auf Seite 23.“
Erst jetzt wandert mein Blick auf die rechte Hälfte des aufgeschlagenen Kataloges: Auch dort blickt ein Männchen vom Buchcover — wenngleich jenes etwas freundlicher dreinschaut und dem Betrachter nicht den Mittelfinger, sondern seinen Daumen entgegenstreckt. „Eine unterhaltsame Verbindung von Koch– und Reiseliteratur“ verspricht die Überschrift, und „mit Rezepten!“ — was mich wiederum leicht nervös werden lässt, weil ich im Geiste schon erboste Großmütterchen an meiner Türe rütteln sehe, die sich über mein Rezept für Eisbein mit Kraut echauffieren.
Doch sei’s drum: Jetzt gibt es ohnehin kein Zurück mehr. Unter dem Titel „Speisende soll man nicht aufhalten — Eine Deutschlandreise über den Tellerrand hinaus“ (Danke Evi für die Unterzeile!) wird das Buch zu meiner kulinarischen Reise laut Katalog im Juni 2013 erscheinen.
Nun könnte der gedruckte Vorschaukatalog (Download hier) zu der Vermutung verleiten, mein Buch sei längst fertig und ebenso druckbereit — doch weit gefehlt. Denn aktuell beantworte ich im Wochentakt ein ganzes Bündel von Fragen wie „In welcher Form kommt das Knoblauch in das Rezept für Stralsunder Fischtopf — gehackt, Pulver oder Zehe?“. Oder: „Bitte belegen Sie die Zitate von Seidel-Pielen im Kapitel Berlin mit Erscheinungsort, Verlag, Erscheinungsjahr, evtl. Auflagenhöhe, Seitenzahl.“ Absender der Fragen ist die Lektorin Barbara Imgrund, die sich gerade durch mein Manuskript wühlt — und das dankenswerterweise offenbar sehr gewissenhaft. Ach ja: Das erwähnte Buch von Seidel-Pielen heißt „Aufgespießt — Wie der Döner über die Deutschen kam“ und ist äußerst lesenswert. Aber das nur am Rande.
Voraussichtlich zu Weihnachten schickt mir Frau Imgrund dann das Manuskript mit all ihren Verbesserungen, Anregungen und Vorschlägen zurück, sodass ich zwischen Weihnachtsgans und Silvestersause ein paar besinnliche Tage vor dem Rechner verbringen werde. Danach kommt das Manuskript zu den Korrekturlesern, von dort zurück zu mir, wieder gegenlesen, wieder Fehler ausbessern, wieder schicken — und dann, ja dann steht das Buch im Juni 2013 in den Regalen. So der Plan.