

Türchen 12 — Wieso ein Verlag?
Ihr braucht noch ein Weihnachtsgeschenk für einen Essensliebhaber, Hobby-Koch oder Reiseenthusiasten? Bis Heilig Abend verschicke ich signierte Exemplare von „Speisende soll man nicht aufhalten“ — und das versandkostenfrei (mehr dazu hier). Um diese Weihnachtsaktion zu bewerben, schnüre ich einen Adventskalender: Von Montag bis Freitag gibt es täglich eine Anekdote rund um mein Buch — beispielsweise, wie es zu dem Titel kam, wie viele Exemplare ich bereits verkauft und welche Unsummen ich damit verdient habe. Heute: Wozu braucht man eigentlich einen Verlag?
Vorweg dies: Ich hätte mein Buch auch dann geschrieben, wenn meine Verlagssuche (-> Türchen #9) erfolglos verlaufen wäre. In dem Fall hätte das Werk einen anderen Titel (-> Türchen #11) und ein anderes Cover (–> Türchen #3), darin würden sich weder hübsche Übersichtskarten noch grafisch aufgepeppte Rezepte finden, es wäre teurer und ehrlich gesagt auch schlechter — aber existieren würde es dennoch. Denn seit dem Siegeszug des Internets kann Jedermann denkbar leicht ein eigenes Buch veröffentlichen. Dazu lädt man bei einem Self-Publishing-Anbieter wie epubli einfach sein Manuskript hoch (als pdf), und für schlappe 14,95€ erhält das Werk eine ISBN-Nummer und kommt bei Amazon & Co. in die digitalen Regale.
Drängt sich eine Frage auf: Wozu braucht es da noch einen Verlag? (Der überdies bei guten Verkaufszahlen einen Großteil des Gewinns einstreicht — doch dazu hinter einem späteren Türchen mehr). Die Antwort darauf ist vielschichtig — und hat sich mir in ihrer ganzen Bandbreite erst während des Entstehungsprozesses von „Speisende soll man nicht aufhalten“ erschlossen. Exklusiv für den Adventskalender wage ich nun einen Annäherungsversuch in vier Punkten:
1) Reichweite
Der naheliegendste Grund: Ohne einen Verlag hätte ich mein Buch zwar an Freunde und Bekannte sowie an Bekannte von Freunden und Freunden von Bekannten verkaufen können; überdies wären wohl mehrere Handvoll Exemplare über meine Webseite bzw. meine Facebookseite geordert worden; ja womöglich hätte ich sogar den einen oder anderen Buchhändler in meiner Umgebung überzeugen können, das Werk in seinen Laden zu stellen. Aber mehr auch nicht. Dank des Rowohlt-Verlages jedoch steht „Speisende soll man nicht aufhalten“ auch im Hugendubel in Stuttgart, am Leipziger Flughafen, in der Universitätsbibliothek des Saarlandes und in zig weiteren Buchläden, Büchereien und Geschäften (und im Museumsladen in Leipzig), wo potenzielle Leser wenigstens die Chance haben, einen Blick auf das Buch zu werfen.
Man mag diese Marktmacht der Verlage gut oder schlecht heißen — doch wer nicht gerade über 200.000 Facebook-Freunde verfügt, eine Webseite mit millionenfachen Zugriffszahlen oder ein Heer von Minijobbern, die Telefonbücher durcharbeiten, um das eigene Buch bei allen Einträgen von Abele bis Zypries anzupreisen, der fährt mit der Unterstützung eines Verlages wahrscheinlich sehr viel besser als Einzelkämpfer.
2) Werbung
Die ZEIT, der MDR, die Berliner Zeitung, der Münchner Merkur, der BR, die Stuttgarter Nachrichten, diverse Blogger und noch viele mehr haben über mein Buch berichtet. Weil die Idee hinter meiner Reise so genial ist und meine Sprachgewandheit sogar Reich-Ranicki-selig die Freudentränen in die Augen gedrückt hätte? Das mag ich mir vielleicht nach dem dritten Glas Rotwein einreden — aber wahrscheinlich spielt der Name „Rowohlt“ auf dem Cover die größere Rolle. Ohne den Verlag wäre das Rezensionsexemplar wohl deutlich seltener bis in die Redaktion vorgedrungen — oder dort achtlos weggeworfen worden. Schließlich habe ich lange genug bei Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet, um zu wissen, welche Massen an Büchern dort angespült werden (und wie mit ihnen umgegangen wird — Stichwort eBay).
In puncto Rezensionsexemplare war Rowohlt übrigens äußerst großzügig. Nicht nur, dass der Verlag standardmäßig seinen Presseverteiler bemühte, mein Buch in seinen Katalog aufnahm und diverse Presseanfragen bediente. Auch alle Journalisten, die ich auf meiner Reise getroffen hatte, wurden mit Rezensionsexemplaren bedacht. Dazu stellte mir der Verlag drei Bücher für ein Gewinnspiel auf meiner Facebookseite zur Verfügung und machte gleich zehn Exemplare für eine Leserunde bei Lovelybooks locker. Als epubli-Schreiber müsste man all diese Dinge selbst finanzieren — und würde es sich daher wohl zweimal überlegen, ein Buch zu verschicken, wenn die Chance auf eine Besprechung eher mau aussieht.
Zur Werbung gehört seit Längerem auch das Thema Social Media, und hier gibt’s bei Rowohlt ebenfalls eine eigene Abteilung — oder zumindest eine Mitarbeiterin, mit der ich mich ausgetauscht habe. Sie versorgte mich mit einem Social-Media-Leitfaden für Autoren, unterstützte mich bei meinen Aktionen und — wohl das Wichtigste — nutzte den Facebook– und Twitter-Kanal des Verlags, um meine Aufrufe zu verbreiten. Ach ja, im verlagseigenen Magazin von Rowohlt gab’s auch noch einen (übrigens sehr nett gemachten) Bericht über mein Buch.
3) Qualität
In einem früheren Eintrag habe ich bereits über das Lektorat geschwärmt. Keine Frage: Ohne die Unterstützung der freien Lektorin Barbara Imgrund wäre mein Buch bei weitem nicht so gut geworden (beziehungsweise noch schlechter — je nach Sichtweise). Die Kosten, die ich dafür tragen musste, lagen bei genau null Euro — selbstverständlich zahlt der Verlag.
Und das ist beileibe nicht alles: Vom Cover, das die hauseigenen Grafiker anfertigen, über die Karten, das Schriftbild und die Titelei bis hin zur doppelten und dreifachen Rechtschreibprüfung — stets standen die diversen Rowohlt-Mitarbeiter bereit. Alle mit einem Ziel: das Buch durch ihre Hilfe ein Stückchen besser machen. Zugegeben, auch für das eigene epubli-Buch können Lektor, Grafiker, Korrekturleser und Co. angeheuert werden. Allein die Kosten dürften in 98% der Fälle die Gesamteinnahmen des Buches um Längen übersteigen.
4) Kosten
Ich habe mir ehrlich gesagt die genaue Kostenstruktur von Self-Publishing-Seiten wie epubli nur flüchtig angeschaut. Aber der Schnelltest mit dem epubli-Preisrechner ergibt:
- Ein Buch mit 304 Seiten (wie „Speisende soll man nicht aufhalten“)
- im Schwarz-Weiß-Druck, Din-A5-Format, Softcover
- bei einer Bestellung von 500 Exemplaren (was eine sehr optimistische Anzahl wäre, hätte ich das Buch nur unter Freunden vertrieben)
–> kostet pro Stück €11,13
Und wenn ich das richtig sehe, dann ist bei diesem Preis noch kein Gewinn für den Autor eingeplant. Heißt: Der Verkaufspreis müsste wohl eher um die 15 Euro liegen, damit wenigstens etwas Geld in die Kassen kommt. Bei einem Großverlag wie Rowohlt hingegen ist der Produktionsprozess naturgemäß günstiger. So wechselt mein Buch für €8,99 den Besitzer — und hier ist der Gewinn für Verlag wie Autor bereits berücksichtigt.
Fazit
Nun will ich Self-Publishing-Angebote keinesfalls schlechtreden — ich selbst habe ja mit dem Gedanken gespielt, mein Buch auf diese Weise unter die Leute zu bringen. Für meine Situation und mein Buch muss ich jedoch rückblickend sagen: Ich bin heilfroh, dass der Rowohlt-Verlag und ich zueinander gefunden haben.
Bisher im Adventskalender:
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[…] Weiteren will ich an dieser Stelle noch einmal auf Türchen #12 verweisen, hinter dem ich all jene Leistungen aufgelistet habe, die der Verlag […]
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