

Interviews im Dutzend (1): Eppendorfer Grillstation
Auf den ersten Blick ist es ein ganz normaler Imbiss. Vielleicht etwas sauberer als die Otto-Normal-Bude in Hamburg, vielleicht etwas besser besucht. Doch dann betritt ein junger Mann im Bademantel den Raum, postiert sich an der Bar, ordert ein Bier, setzt an, „Das perlt!“ — und der kichernde Kollege hält mit der Kamera drauf.
Willkommen in der Eppendorfer Grillstation. Willkommen in dem Hamburger Imbiss, der an knapp zwei Dutzend Sonntagen im Jahr als Kulisse dient für die TV-Sendung „Dittsche“ mit Olli Dittrich. Seit 2005 betreibt Oliver Kammerer die Grillstation; ebenso lange dabei ist sein Freund und Kollege Markus Ex. Mit ihm habe ich mich unterhalten über die deutsche Imbisskultur, den Faktor Dittsche und allzu peinliche Fans.
Freitagmittag, kurz nach 14 Uhr. Der ganz große Andrang ist vorüber, doch noch immer tröpfeln die Hungrigen in die Eppendorfer Grillstation und ordern Würste, Frittiertes, Rotweißes — exakt von jener Stelle, wo an Drehtagen „Dittsche“ seine Comedy-Späßchen treibt. Markus Ex ist allein, eilt von der Kammer in die Küche, lupft Fritten aus der Fritteuse, nimmt Bestellungen entgegen, zersäbelt Würste, kassiert, scherzt mit den Stammgästen — und beantwortet nebenbei die Fragen des hinterhereilenden Reporters. Los geht’s — ein Dutzend-Interview im Frittendunst.
1. Welches Gericht sollte jeder deutsche Imbiss auf der Karte haben?
Markus Ex: Curry-Pommes.
2. Welches Gericht auf eurer Karte wird am meisten unterschätzt?
Ex: Das Bauernomelette mit Kartoffeln, Speck und Zwiebeln.
Schon bei Frage zwei kommt Ex ins Grübeln, blickt verstohlen auf die Speisekarte über den Fritteusen. Aber dem Lachen nach zu urteilen macht es ihm Spaß. Oder sind Imbissbudenverkäufer qua Beruf Frohnaturen?
3. Ist „Dittsche“ für euch Fluch oder Segen?
Jetzt grinst Ex, nein er lacht. Und überlegt. Klar ist: Diese Antwort wird nur die halbe Wahrheit sein.
Ex: Eher Segen, würde ich sagen. Ja: Segen, auf jeden Fall. „Dittsche“ ist für uns als kostenlose Werbung unbezahlbar. Aber natürlich dürfen wir uns darauf nicht ausruhen, denn irgendwann wird es die Sendung nicht mehr geben.
4. Wie häufig sehen Sie sich „Dittsche“ im Fernsehen an?
Ex: Am Anfang habe ich das häufiger geschaut. Aber inzwischen fast gar nicht mehr.
5. Wie häufig essen Sie selbst hier?
Ex: Schon ab und zu. Ich habe hinter der Theke meistens was stehen, und dann nasche ich davon. Ein paar Pommes oder so.
6. Wie oft kommen Ihre treuesten Stammkunden in die Grillstation?
Ex: Da hinten sitzen Ingrid und Rolf. Die sind jeden Tag da. Rolf beginnt mit Kakao oder Spezi und geht dann zum Bier über — Holsten Edel. Ingrid trinkt Weißwein.
Blick in die Ecke. Das ist also Rolf, der in etlichen Zeitungsartikeln zur Grillstation als Protagonist herhalten muss. Nach dem Motto: Hier ist ein echter Stammgast — im Gegensatz zu den „Dittsche“-Touris. Ingrid winkt uns zu, ordert noch einen Wein. Später werden wir uns über München und den Englischen Garten unterhalten. Sehr nett. Doch zurück hinter die Theke…
7. Welches Getränk gehört hier in die Eppendorfer Grillstation?
Ex: Da sag ich mal fritz-kola.
Ähem, und… Bier?
8. Was war das Peinlichste, was ein „Dittsche“-Tourist hier angestellt hat?
Ex: Einmal war ein Mann bei uns. Der hat seiner Tochter einen Bademantel angezogen, dann musste sie hier reinkommen und ein Bier bestellen. Und er hat das Ganze mit der Kamera gefilmt! Vor allem der Tochter war das ziemlich peinlich…
Ach herrlich, was eine Geschichte! So etwas lässt das Journalistenherz höher schlagen.
… aber das ist wirklich die Ausnahme. 99 Prozent unserer Gäste — auch der „Dittsche“-Fans — sind nett und freundlich.
Klar, das musste er jetzt sagen. Hätte ich an seiner Stelle auch getan…
9. Wie erkenne ich eine gute Imbissbude auf den ersten Blick?
Ex: Man sagt ja: So wie es auf der Toilette aussieht, so sieht es auch im Rest der Bude aus — und bis zu einem gewissen Grad stimmt das auch. Sauberkeit ist sehr wichtig für den ersten Eindruck. Wenn Oli und ich als Pommes-Tester für Kabel1 unterwegs sind, schauen wir außerdem immer in die Fritteuse. Das Fett muss regelmäßig gewechselt werden. Als Grundregel gilt: Man sollte durch das Fett den Boden der Fritteuse erkennen.
Peinlich, peinlich, das mit den Pommes-Testern bei Kabel 1 ist mir völlig neu. Hätte ich wissen müssen! Zum Glück ist er darauf zu sprechen gekommen — und das gar nicht protzig, sondern zurückhaltend, in einem Halbsatz. Sehr sympathisch.
10. Welches Gericht schmeckt in der Grillstation besonders gut?
Ex: Da nehme ich unser Grill-Hähnchen. Das ist ja auch so etwas wie unser Aushängeschild. Das probieren Sie nachher auch! Ein gutes Grill-Hähnchen muss goldgelb und knusprig sein. Und natürlich frisch!
11. Was bestellt Olli Dittrich immer, wenn er hier isst?
Ex: Persönlich habe ich Olli Dittrich nie kennengelernt. Aber ein Mal war er hier, und da hat er einen Halven Hahn gegessen.
12. Macht eine Imbissbude glücklich oder reich?
Ex: Eher glücklich. Das Arbeiten hier macht Spaß. Natürlich ist es nicht mein absoluter Traum-Job. Aber man hat viel zu tun, und es gibt Stammgäste, die schon seit Ewigkeiten kommen, und mit denen man sich über alles und jedes unterhält. Für die ist man fast schon ein bisschen Psychologe.
Na, das ist doch ein schönes und ehrliches Schlusswort. Ich schließe meinen Block und will zum praktischen Teil meines Besuchs übergehen — sprich: das Hähnchen -, da steht plötzlich eine alte Frau am Tresen. „Markus, ich wollte nur kurz sagen, dass es uns beiden gestern hervorragend geschmeckt hat.“ Sie nickt nach draußen, wo ein älterer Herr auf einem Rollator lehnt und winkt. Später wird mir Markus Ex erzählen, dass die beiden über 90 sind und trotzdem noch mehrmals die Woche zum Essen in die Grillstation kommen.
Welch Finale! Die alte Frau und die Pommesbude: Das klingt fast schon nach Fernsehstoff. So hätte das nicht mal „Dittsche“ hinbekommen.