

Fränkisches Schäufele
Der erste Biss ins Pfaffenstück entschädigt für alles. Genauer gesagt: für 64 BMW, 34 Mercedes, 74 VW sowie 198 weitere Autos und Laster. Jenes Pfaffenstück ist der begehrteste Part des Fränkischen Schäufele und so zart und schmackhaft, dass ich hier in der Nürnberger „Schäufelewärtschaft“ mit Freudentränen kämpfe. Doch mehr zu dem Gaumenschmaus später; zunächst zu den 370 Fahrzeugen.
Es ist Donnerstagfrüh, Auftakt meiner dreimonatigen Deutschlandtour, und ich stehe an der Auffahrt zur A9 in München. Erstmals im Leben reise ich per Anhalter; das Ziel: Nürnberg. „Entlang Autobahnen zu reisen, nennen wir U-Bahnfahren, weil es so leicht geht.“ Die Worte von Ralf Platschkowski vom Deutschen Anhalterverein Abgefahren e.V. gehen mir durch den Kopf, während Auto um Auto vorbeirauscht. Gerade als mein Daumen am Einfrieren ist, stoppt ein winziger roter Ford — nach zwei Stunden und 370 Wagen.
Wenig später sitze ich eingezwängt auf der Rückbank, vorne Yusuf und Munir, Informatiker aus Pakistan, beide Moslems. „Ah, eine Art Auszeit“, sagt Yusuf, nachdem ich von meinen Plänen erzählt habe. „Das rate ich auch Munir. Dass er vier Monate nach Pakistan geht und sich dort mit Religion beschäftigt.“ Einen Moment ist es still — dann blickt Yusuf in den Rückspiegel und grinst: „Nicht was du denkst. Dass hat nichts mit Terrorlager oder Islamismus zu tun. Wir sind Pazifisten!“
Auf dem Weg nach Nürnberg sprechen wir über Gott und die Welt — und das im Wortsinn. Die beiden gehen mir erst aus dem Kopf, als ich tags darauf in der „Schäufelewärtschaft“ vor dem ersten Gericht meines Speiseplans sitze: dem Fränkischen Schäufele. Dieses Stück Schweineschulter wird mit Knochen gebraten und serviert , dazu gibt´s reichlich Soße und einen pampelmusengroßen Kartoffelknödel… pardon: Kloß, wie der Franke gerne korrigiert.
Eine halbe Stunde, etliche Glücksseufzer und gefühlte 2500 Kilokalorien später lege ich erschöpft das Besteck beiseite — und muss an Asifs Rat denken: „Trage Liebe im Herzen, dann bekommst du Liebe zurück. Trägst du Hass im Herzen, erntest du Hass.“
Ich für meinen Teil spüre gerade sehr viel Liebe — allen voran für das eben verspeiste Schäufele.
Weitere Bilder von meinem Besuch in der Schäufelewärtschaft gibt es hier.
Rezept: Fränkisches Schäufele mit Kloß (für 4 Personen)
Zutaten Schäufele
- 2 ca. 1,5 kg schwere Schweineschultern mit Knochen und Schwarte (Portionsgröße ist die halbe Schulter; der Schulterknochen wird dazu längs geteilt)
- 4 Zwiebeln
- 3 Knoblauchzehen nach Bedarf
- 2 TL Pfeffer
- 4 TL Salz
- 2 TL Kümmel (ganz und gemahlen)
- 2 TL Kartoffelmehl
- 1,2 l Wasser oder Fleischbrühe
- Dunkelbier nach Bedarf
Zutaten Kartoffelklöße
- 2 kg Kartoffeln
- 250 ml Wasser oder Milch
- 2 TL Salz
- 2 Scheiben geröstetes Weißbrot
- Petersilie
Zubereitung Schäufele
- Fleischstücke waschen und abtrocknen. Schwarte jeweils mit einem scharfen Messer rautenförmig in einem Abstand von ca. 0,5 Zentimeter einschneiden. Fleisch von allen Seiten kräftig mit Pfeffer, Salz und gemahlenem Kümmel würzen (Schwarte nur mit etwas Salz).
- Schäufele mit der Fettschwarte nach oben auf ein Bratblech legen und 1 Schöpflöffel Wasser/Brühe hinzugeben. Das Blech in den vorgeheizten Backofen schieben und bei 200–220 °C ca. 30–45 Minuten braten.
- Zwiebeln in grobe Scheiben schneiden, nach Geschmack Knoblauchzehen schälen und den erhitzten Rest von Wasser/Brühe hinzugeben.
- Fleisch alle 20–30 Minuten mit der entstandenen Soße begießen, wobei allein die Schwarte nicht befeuchtet wird. Nach etwa 3 Stunden Gesamtbratzeit sind die Schäufele fertig, wenn sich das Fleisch leicht vom Knochen lösen lässt.
- Soße durch ein Sieb passieren und mit etwas Kartoffelmehl andicken, eventuell mit Salz und Pfeffer nachwürzen. Nach Geschmack kann die Soße mit Dunkelbier und/oder Knoblauch verfeinert werden.
Zubereitung Kartoffelklöße
- Rohe Kartoffeln waschen und schälen.
- 1/3 der Kartoffeln in Salzwasser garen, die übrigen roh in eine Schüssel reiben und mit etwas Wasser übergießen. Kurz stehen lassen und danach die gekochten Kartoffeln ebenfalls in die Schüssel reiben.
- Die gesamte Masse in einem Tuch pressen und die Flüssigkeit auffangen. Hierin setzt sich die Kartoffelstärke ab, die man dem Teig wieder hinzufügt.
- Wasser/Milch und Salz hinzugeben und die Masse zu einem Brei verkneten. Weißbrot in Stücke schneiden.
- Mit nassen Händen aus dem Teig Klöße in Apfelgröße formen und in jeden 2–3 Brotstückchen drücken.
- Klöße in einen großen Topf mit siedendem Salzwasser geben und etwa 20 Minuten sieden lassen. Sobald die Klöße an der Oberfläche schwimmen, sind sie fertig. Vor dem Servieren mit etwas Petersilie garnieren.
Das Rezept stammt von den Freunden des Fränkischen Schäufele.